Mittwoch, 29. Dezember 2010

Weihnachten sechsundvierzig (1946

Gleich nach dem Krieg im 46er Jahr
Gab´s nichts zu Essen – das ist wahr
Da war es ja schon allerhand
wenn du mit einem Bauern warst verwandt.
Nicht zu verachten, das ist wahr,
ein Onkel in Amerika.

Wer das nicht weiss der ist jetzt still,
weil ich meine Geschichte erzählen will.

Am Heiligen Abend – ich schrei hurra,
kam´s Päckchen aus Amerika.
Von unserer lieben Tante Rose,
gefüllt mit lauter schöne Dosen.
Ich reiss es auf und reck den Hals,
denn oben drauf gleich drei Pfund Schmalz.
Ein Kilo Bohnenkaffee – schau,
Eine große Dose – voll mit Kakao,
und neben dran – die gute Seele
eine Büchse voll mit Olivenöl.
Eine ganz große Dose mit Reis,
zwei Kilo Mehl – wie Schnee so weiss.
Das alles schrieb die Tante Rose,
höchst eigenhändig auf die Dose.
Bloß von der Weißblechdose – unten,
da war der Aufkleber verschwunden.

Was kann jetzt in der Dose wohl sein,
ich steck halt einmal die Nase hinein.
Ich hab´s probiert – gleich ein mehre Mal,
das Pulver war geschmacksneutral.
Es war nicht sauer, es war nicht süss,
hat geschmeckt wie eingeschlafen´e Füss.
So haben wir uns den Kopf zerbrochen,
was kann aus dem Pulver kochen.
Die Frau mein es könnte was gutes sein,
da kochen wir uns jetzt mal einen Brei
und haut kurz drauf mit Milch und Ei,
das Pulver in die Pfanne rein.
Befolgt den Rat von der Oma,
und gibt dazu Zimtaroma.
So eingebrannt und mit einer Zwiebel,
hat gut geschmeckt, war gar nicht übel.

Und dann, es so drei Tage drauf,
klärte mit einem Brief alles auf.
Schuld darn – ist ein schwacher Trost,
waren nur die Schlamper von der Post.
Die Tante Rose schrieb: „Ihr Lieben
ich schick euch ein Paket von drüben,
voll mit lauter gute Sachen,
das sie euch Freude machen.

Was ihr leider noch nicht wisst,
das Onkel Schorsch verstorben ist.
Mit über 80 Jahr,
er ein treuer Hesse war.
Sein letzter Wunsch will ich verkünden,
er wollte in Frankfurt Ruhe finden.
Drum es sei wie es sei,
setzt ihn im Südfriedhof bei.
Die Asche ist in der Weißblechdose,
in stiller Trauer Tante Rose.“

Da haben wir – ich werde es nie vergessen,
an Weihnachten den Schorsch gefressen.




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